Work in Progress – Eine Positionierung des Frauenzentrums Schokofabrik e.V.
1. Erklärung
Seit über 40 Jahren bietet die Schokofabrik Raum für feministische Selbstorganisation und Hilfe zur Selbsthilfe. Diesen Raum mitten in Kreuzberg haben sich weiße, Schwarze und migrantisierte Frauen und Lesben der autonomen Frauenbewegung unterschiedlichen Alters erkämpft und mit Leben gefüllt.
Als Vorstand und Mitarbeitende des Vereins Frauenzentrum Schokoladenfabrik e.V. setzen wir uns seit einigen Jahren kritisch mit den weißen und cis-normativen Machtstrukturen innerhalb des Vereins auseinander. Uns ist klar, dass wir die Strukturen im Haus ändern müssen, wenn wir den Anspruch eines intersektionalen Feminismus verfolgen, der für eine Gesellschaft ohne patriarchale Unterdrückung kämpft. Ein Feminismus etwa, der mehrfach marginalisierte Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität ausschließt, spielt dem Patriarchat in die Hände. Schwarze, migrantisierte und geflüchtete trans*, inter*, nichtbinäre und agender Menschen und Frauen sind in besonderer Weise, teils mehrfach, von Sexismus, von Armut, Rassismus und anderen Diskriminierungen betroffen.
Wir wollen ein solidarisches Haus sein. Wir wollen uns für die soziale Gleichheit und den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe und Selbstbestimmung aller marginalisierter Geschlechter einsetzen. Wir wollen dabei die unterschiedlichen Kämpfe von Frauen, Mädchen, Lesben, trans*, inter*, nichtbinären und agender Menschen anerkennen und sichtbar machen.
Nicht zuletzt wollen wir Sichtbarkeit und Sicherheit für unsere Schwarzen, nichtweißen, migrantisierten und geflüchteten Besucher*innen und Kolleg*innen, für unsere trans*, inter*, nichtbinären, genderqueeren und agender Besucher*innen und unsere Kolleg*innen. Denn sie sind längst da in allen Bereichen der Schokofabrik und ihrer unermüdlichen Initiative ist unser Öffnungsprozess zu verdanken.
Leseempfehlung: Jayrôme C. Robinet "Mein Weg von einer weißen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund"
In seinem 2019 erschienen Buch Mein Weg von einer weißen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund berichtet Jarôme C. Robinet von seinem Leben und wie radikal sich dieses verändert hat, seit er von der Gesellschaft als Mann wahrgenommen wird.
Jarôme wurde 1977 in Nordfrankreich geboren, zog als junger Mensch nach Berlin und begann dort seine Transition. In dem knapp über 200 Seiten langen Buch berichtet er über Erinnerungen und Erlebnisse, welche sein Leben bisher geprägt haben.
Das Buch eröffnet Jarôme mit einer Erfahrung aus seiner Kindheit, als er mit 16 von einem 10-Meter-Turm im Freibad springen wollte. An diese Aufregung von damals fühlt er sich zurückerinnert, kurz bevor er das erste Mal die Männerumkleide in einem Fitnessstudio benutzt. Im Verlauf des Buches wechselt Jarôme häufig zwischen Episoden aus seiner Vergangenheit und der Gegenwart und berichtet gleichermaßen von Erfolgserlebnissen, wie seiner ersten Testosteron Spritze, als auch von bürokratischen Hürden und diskriminierenden Vorfällen in seinem Alltag.
PRESSEMITTEILUNG
Die AG Feministische Zentren Berlin fordert Gleichbehandlung aller Geflüchteten Hilfsangebote und Integrationsangebote für Geflüchtete aus der Ukraine sind groß – warum gelten sie nicht für alle Geflüchteten?
Berlin, 11. Mai 2022. Dass derzeit, trotz des Haushaltsstopps, Sonderförderpläne für die Geflüchteten aus der Ukraine aufgestellt werden, ist zu begrüßen. Trotzdem fragen wir, angesichts drohender Streichungen von Projekten mit Geflüchteten und prekärer Finanzierung von Frauenprojekten seit Jahren: Warum sind ukrainische Geflüchtete beschützen- und unterstützenswerter als Geflüchtete, die aus anderen Ländern Zuflucht in Berlin suchen?
In der unterschiedlichen Behandlung Geflüchteter zeigt sich ein rassistisches und koloniales System, das Menschen in verschiedenen Klassen und Wertigkeit einteilt und letztlich die Menschlichkeit nicht weißer Menschen infrage stellt.
Wir stimmen mit Max Bauer (Journalist für den Südwestrundfunk) überein, der sagt: „Geflüchteten-Rechte sind nur dann effektive Rechte, wenn sie frei sind von allen Gruppenzuordnungen“ (SWR, 09.03.2022).
In der Realität wurden und werden die Menschenrechte aller zu uns Kommenden, die nicht weiße Europäerinnen sind, immer weiter beschnitten und eingeschränkt, ihre gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation erschwert und hohe Barrieren errichtet. Wir sind über diese offenkundige Ungleichbehandlung verärgert und teilen den Ärger und die Bitterkeit der Frauen und ihrer Familien, mit denen wir seit Jahren arbeiten. Es ist schmerzvoll zu sehen, welche rechtliche Unterstützung und vor allem persönliche Freiheit (z.B. sofortige Arbeitserlaubnis) möglich wären, wenn es politisch gewollt wäre. Menschen sind Menschen und sollten auch so und gleich behandelt werden!
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