Work in Progress – Eine Positionierung des Frauenzentrums Schokofabrik e.V.

1. Erklärung 

Seit über 40 Jahren bietet die Schokofabrik Raum für feministische Selbstorganisation und Hilfe zur Selbsthilfe. Diesen Raum mitten in Kreuzberg haben sich weiße, Schwarze und migrantisierte Frauen und Lesben der autonomen Frauenbewegung unterschiedlichen Alters erkämpft und mit Leben gefüllt.

Als Vorstand und Mitarbeitende des Vereins Frauenzentrum Schokoladenfabrik e.V. setzen wir uns seit einigen Jahren kritisch mit den weißen und cis-normativen Machtstrukturen innerhalb des Vereins auseinander. Uns ist klar, dass wir die Strukturen im Haus ändern müssen, wenn wir den Anspruch eines intersektionalen Feminismus verfolgen, der für eine Gesellschaft ohne patriarchale Unterdrückung kämpft. Ein Feminismus etwa, der mehrfach marginalisierte Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität ausschließt, spielt dem Patriarchat in die Hände. Schwarze, migrantisierte und geflüchtete trans*, inter*, nichtbinäre und agender Menschen und Frauen sind in besonderer Weise, teils mehrfach, von Sexismus, von Armut, Rassismus und anderen Diskriminierungen betroffen. 

Wir wollen ein solidarisches Haus sein. Wir wollen uns für die soziale Gleichheit und den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe und Selbstbestimmung aller marginalisierter Geschlechter einsetzen. Wir wollen dabei die unterschiedlichen Kämpfe von Frauen, Mädchen, Lesben, trans*, inter*, nichtbinären und agender Menschen anerkennen und sichtbar machen.

Nicht zuletzt wollen wir Sichtbarkeit und Sicherheit für unsere Schwarzen, nichtweißen, migrantisierten und geflüchteten Besucher*innen und Kolleg*innen, für unsere trans*, inter*, nichtbinären, genderqueeren und agender Besucher*innen und unsere Kolleg*innen. Denn sie sind längst da in allen Bereichen der Schokofabrik und ihrer unermüdlichen Initiative ist unser Öffnungsprozess zu verdanken.

2. Konkrete Schritte

Wir sehen die Öffnung als einen fortlaufenden Prozess an und unternehmen aktuell folgende Schritte:

  • Professionelle Begleitung des Vorstands und einzelner Bereiche für den rassismussensiblen Prozess und die Öffnung für trans*- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen (TIN)
  • Fortbildungen übergreifend und themenspezifisch in den einzelnen Bereichen
  •  „Code of Conduct" / Verhaltenskodex für Vorstand und alle Mitarbeiter*innen
  • Rassismus- und gendersensible Überarbeitung der Bewerbungsverfahren
  • Prüfung und ggf. Anpassung der Satzung
  • Neues Leitbild
  • Erweiterung der Netzwerke
  • Fortlaufende Evaluierung in den zweiwöchigen Vorstandssitzungen
  • Supervision
  • Rassismus- und gendersensible Gestaltung der Räume
  • Rassismus- und gendersensible Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit
  • Feedback-Adresse für Kritik, Beschwerden, Wünsche: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

3. Öffnungsprozess der einzelnen Bereiche

In einem Haus, bestehend aus einem diversen Kollegium und verschiedenen Bereichen, erfordert die kritische Auseinandersetzung mit gewachsenen Machtstrukturen viel Zeit und Arbeit. Bewusst und ausdrücklich sprechen wir daher im Zusammenhang dieser Auseinandersetzung von einem anhaltenden Prozess. Die einzelnen Bereiche Beratung, Bildungsveranstaltungen, Hamam, Sport und Treffpunkt stehen an unterschiedlichen Punkten in ihrem Öffnungsprozess. Wir machen diesen Prozess so gut es geht auf unserer Website, bei unseren Angeboten und in unseren Räumen transparent. Wir freuen uns über Nachfragen und Anregungen.

Beratung / Bildungsveranstaltungen / Büro: Unsere Angebote und Bildungsveranstaltungen richten sich an Frauen, Lesben, inter*, trans*, nichtbinäre und agender Menschen. In den Bereichen Beratung, Bildungsveranstaltungen und Büro arbeiten mehrheitlich weiß positionierte und eine Beraterin of Color. Ansprechpartnerinnen sind Inga Selck (sie/ihr/keine) und Linh Tran (sie/ihr).

Hamam: Die Öffnung des Hamams erfolgt schrittweise. Das Hamam veranstaltet seit März 2022 einmal im Monat den TIN-Abend für trans*, inter*, nichtbinäre und agender Besucher*innen. An den anderen Öffnungszeiten ist eine diskriminierungsarme Umgebung für trans*, inter*, nicht binäre und agender Menschen nicht gewährleistet. Im Hamam arbeiten weiße und migrantisierte Frauen. Ansprechpartnerin im Hamam ist Helga Röhle (sie/ihr).

SchokoSport: Alle Kurse sind offen für Frauen, Lesben, inter*, trans*, nichtbinäre und agender Teilnehmende. Um den Zugang für geflüchtete Frauen in Sportkurse zu vereinfachen, besteht seit Anfang März 2022 eine Kooperation mit dem Verein Frauen in Aktion. Im Bereich Sport arbeiten weiß positionierte Kursleiterinnen und Kursleiterinnen of Color. Ansprechpartnerin für den Bereich Sport ist Barbara Martin (sie/ihr)

Treffpunkt: Sowohl der Deutschkurs als auch die Angebote des Nachmittagsbereichs im Treffpunkt richten sich ausschließlich an geflüchtete, migrantisierte und Schwarze Frauen, Mädchen, Lesben, inter*, trans*, nichtbinäre und agender Menschen. Im Treffpunkt arbeiten weiße, Schwarze, migrantisierte und geflüchtete Frauen, nichtbinäre und trans* geschlechtliche Personen. Ansprechpersonen für den Treffpunkt sind Evin Ledesma-Mendez (sie/ihr) und Sare Özer (keine Pronomen).

Betreutes Jugendwohnen: Das Betreute Jugendwohnen richtet sich im Schwerpunkt an geflüchtete, migrantisierte und Schwarze Mädchen, inter*, nichtbinäre, trans* und agender. Jugendliche. Ansprechpartnerinnen sind Raja Bounouh (sie/ihr) & Laura Maria Lingenti (sie/ihr).

4. Feedback

Feedback und Kritik zu unserer Arbeit ist uns wichtig. Wir laden euch herzlich ein, uns Rückmeldungen und Hinweise zu unserem Öffnungsprozess, unseren Angeboten und euren Bedarfen zu geben. Auch freuen wir uns, falls ihr für eine weitere Vernetzung mit uns in Austausch kommen und/ oder unsere Räume für eigene Veranstaltungen nutzen möchtet.

Feedback-Adresse für Kritik, Anregungen, Wünsche: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Wenn ihr in unseren Räumen Diskriminierung oder Gewalt erleben musstet, bedauern wir das sehr. Wir machen uns keine Illusionen über diskriminierungsfreie Räume. Wir versuchen unsere Räume stetig diskriminierungsärmer zu gestalten.

5. Linksammlung zur Vertiefung

Hier findet ihr eine kleine Auswahl aktueller Broschüren, Artikel, Sachtexte zur weiteren Vertiefung des Themas geschlechtliche Vielfalt.

Manche dieser Texte sowie Zeitschriften und eine Sammlung an (queeren) Romanen, Comics, Sachbüchern von Schwarzen, geflüchteten und Autor*innen of Color findet ihr direkt vor Ort im Treffpunkt. Meldet Euch gerne, wenn Ihr etwas ausleihen oder stöbern möchtet!

  • Trans – Eine Informationsbroschüre von trans* Menschen für trans* Menschen und alle anderen (Transgender Network Switzerland):

https://shop.aids.ch/img/A~1634~1/10/1634-01-trans.pdf?xet=1616158925526

  • „Was ist trans*? Und warum ist nicht-binär manchmal bei trans* mitgemeint und warum manchmal nicht?“ (Bundesverband trans* / BVT):

https://www.youtube.com/watch?v=jqm6y74D3cM

  • „Soll Geschlecht abgeschafft werden? 12 Fragen und Antworten zu Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit“ (Bundesverband trans* / BVT):

https://www.bundesverband-trans.de/wp-content/uploads/2022/02/soll-geschlecht-jetzt-abgeschafft-werden-ONLINE-BVT-LSVD-corrected.pdf

  • Eine Broschüre über medizinische Eingriffe an inter* und deren Folgen:

http://inter.transinterqueer.org/wp-content/uploads/2021/11/Inter_Eingriffe_Folgen_barrierefrei.pdf

  • Meine Familie – Queers in der Migrationsgesellschaft“ (Türkischer Bund Berlin Brandenburg / TBB)

https://tbb-berlin.de/archiv/show/meine_familie:_queers_in_der_migrationsgesell
schaft_geschichten_von_queeren_menschen_ueber_ihre_hoffnungen_und_wuensche/0

  • „Nicht so greifbar und doch real – Eine Studie zu (Mehrfach-)Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, bisexuellen Frauen und trans* in Deutschland“ (LesMigras):

https://lesmigras.de/wp-content/uploads/2021/11/Dokumentation-Studie-web_sicher.pdf

6. Verwendung des Gender*Sterns:

Wir bemühen uns um eine genderneutrale Sprache und verwenden ansonsten in der ge-schriebenen und in der gesprochenen Sprache den Gender Stern, um allen Geschlechtern auch sprachlich Raum zu geben. So sollen auch alle trans*, inter* und nichtbinären Menschen angesprochen und sichtbar gemacht werden.

Zur weiteren Vertiefung mit Beispielen im Sprachgebrauch: https://ngvt.nrw/website/wp-content/uploads/2019/08/NGVT-Sprachkonventionen-2019.pdf

 

Zu Begriffserklärung